Neues Zentrum für technische Orthopädie

Von Grund auf durchdacht

Traditionsreicher geht es kaum: Am 1. November 1918 wurde die „Orthopädische Kunstgliederwerkstatt der knappschaftlichen Krankenanstalt Bergmannsheil“ in Bochum gegründet. Aus ihr erwuchs über die Jahrzehnte einer der modernsten Gesundheitsdienstleister im Bereich der Orthopädie- und Rehatechnik in Nordrhein-Westfalen – die Care Center Deutschland GmbH. Rund zwei Jahre nach dem 100. Geburtstag des Unternehmens hat der heutige Geschäftsführer Uwe Brockmann erneut Grund zu feiern, denn am 1. Oktober 2020 konnten er und seine Mitarbeiter das neu errichtete „Zentrum für technische Orthopädie“ beziehen. Und bei der Planung und Umsetzung der neuen Werkstätten überließ das Team des Care Centers nichts dem Zufall.

Im über 1.250 m2 großen Erdgeschoss des zweigeschossigen Gebäudes ist auf einer Nutzfläche von rund 900 m2 die neue Orthopädie-Werkstatt des Care Centers untergebracht. Im Obergeschoss finden sich Verwaltungsräume und die über 500 m2 umfassende Schuhtechnik-Werkstatt. Beide Werkstätten hatten ihren Sitz bislang in einem 75 Jahre alten Gebäude in der Bochumer Innenstadt. Für den Umzug in ein Gewerbegebiet im Bochumer Stadtteil Weitmar sprach aus Sicht von Uwe Brockmann eine ganze Reihe von Punkten. „Zum einen ergeben sich viele Synergieeffekte durch den gemeinsamen Standort der zwei Werkstätten und der Verwaltung sowie der Rehatechnik, welche sich in einem Gebäude gegenüber des jetzt eingeweihten Neubaus befinden. Zum anderen konnten wir in den vergangenen Jahren ein kontinuierlich kräftiges Wachstum verzeichnen. Ein Wachstum, das am ehemaligen Standort schlichtweg an seine räumlichen Grenzen stieß“, so Uwe Brockmann.

Die Care Center Deutschland GmbH versorgt im Schwerpunkt Versicherte der gewerblichen Berufsgenossenschaften, Unfallkassen sowie der Gesetzlichen Krankenversicherung. Der Vollsortimenter beschäftigt heute mehr als 190 Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter, circa 60 von ihnen – größtenteils Orthopädie-Mechaniker und Orthopädie-Schuhtechniker – arbeiten in den neuen Werkstätten. Das Besondere: Die Beschäftigten waren früh mit in den Planungsprozess ihrer zukünftigen Arbeitsplätze eingebunden, konnten Verbesserungsvorschläge und Ideen einbringen. Ganz im Sinne des Geschäftsführers, der seit vielen Jahren auf eine nachhaltige Personalpolitik Wert legt. „Unsere Mitarbeiter haben ein hohes Maß an Freiräumen bei der Organisation der Arbeitsabläufe, tragen aber dem entsprechend auch viel Verantwortung für diese Abläufe. Das Resultat ist ein angenehmes, sehr leistungsorientiertes Miteinander, das sich durchaus auch in der Branche herumgesprochen hat“, erklärt Uwe Brockmann. Zwei Mal infolge wurde das Care Center Deutschland bereits als Top-Arbeitgeber ausgezeichnet. Rund zehn Prozent der Belegschaft sind Auszubildende und vom Fachkräftemangel in der Orthopädietechnik spürt man in Bochum Weitmar eher wenig.

3D-Visualisierung sorgt für Anschaulichkeit

An vorderster Stelle bei der Planung der neuen Werkstätten standen daher auch die Arbeitsbedingungen. Sowohl die Räumlichkeiten als auch die technische Ausstattung sollten modernsten Kriterien entsprechen und ein durchweg gesundes Arbeiten ermöglichen. Die frühe Einbindung der Mitarbeiter in die Planung ermöglichte vor allem ein besonderer Service der Ottobock SE & Co. KGaA – seit vielen Jahrzehnten Lieferant und technischer Partner des Care Centers. „Die Abteilung ,Planen & Einrichten‘ bei Ottobock berät und unterstützt orthopädische Fachbetriebe, wenn es um die Modernisierung oder den Neubau von Werkstätten geht“, berichtet Dirk Maiwald, der als Projektverantwortlicher bei Ottobock auch den Neubau in Bochum betreute. „Wichtigstes Element im Vorfeld eines solch umfangreichen Projektes ist inzwischen die Überführung der klassischen 2D-Planungen in ein – insbesondere für den Bauherrn – viel anschaulicheres 3D-Format. Zur besseren Visualisierung entsteht so zum Beispiel ein imaginärer Flug durch die neuen Räume als Video und der Kunde kann sich jedes Detail genau anschauen und mit uns quasi ,live‘ Änderungsmöglichkeiten etwa bei der Einrichtung oder der Anlagentechnik besprechen.“

Für Uwe Brockmann hatte diese 3D-Visualisierung einen weiteren, ganz pragmatischen Vorteil: „Die 3D-Visualisierung hat es nicht nur unseren Mitarbeitern erleichtert, die neuen Arbeitsplätze mitzugestalten. Auch mir hat es dabei geholfen, unseren Aufsichtsrat und die Gesellschafterversammlung für dieses Projekt zu begeistern. Die Motivation aller Beteiligten war sicherlich ein wichtiger Baustein für den Erfolg“, so Uwe Brockmann.

Frühe Zusammenarbeit mit Gebäudeplanern war entscheidend

Mehr als 2.600 Werkstätten hat Ottobock in den vergangenen 45 Jahren betreut, doch der neue Standort des Care Centers war auch für Dirk Maiwald und das Ottobock-Team etwas Besonderes. Man habe bereits in einer sehr frühen Phase mit den beteiligten Architekten zusammengesessen, um die Raumaufteilung zu besprechen, so der Planungsprofi. Das habe insbesondere die Erstellung der zahlreichen Detailpläne etwa für die Leitungsführung erleichtert. „In der Regel nehmen Kunden bei einem Umzug einen Teil ihrer Maschinen und Anlagen mit. Die Einbindung neuer und alter Maschinen stellt kein Problem dar. Beim Care Center Deutschland lag der Anteil bestehender Technik jedoch bei nicht einmal fünf Prozent. Hier setzte man vielmehr auf Maschinen der neuesten Generation, die ein effektives Arbeiten über den üblichen Modernisierungszyklus von rund 20 bis 25 Jahren hinweg sicherstellen“, so Dirk Maiwald.

Millimeterarbeit sorgte für Herzschlagmoment

Neben der – im Vergleich zu den alten Werkstätten – verbesserten Effektivität der Arbeitsprozesse konnten auch die Arbeitsbedingungen noch einmal deutlich optimiert werden. Sämtliche Arbeitsplätze etwa an den neuen Trichterfräsmaschinen sind jetzt höhenverstellbar. Alle Anlagen an denen Dämpfe und Späne entstehen können, verfügen über leistungsfähige Absaugeinrichtungen, und die Luft zum Beispiel in Gefahrstoff- beziehungsweise Sicherheitsschränken wird kontinuierlich über Aktivkohlefilter gereinigt.

Überhaupt hatte die Raumluft oberste Priorität bei der Umsetzung der neuen Werkstätten. Eine zentrale Be- und Entlüftungsanlage, ausgelegt auf ein Raumvolumen von rund 9.000 m3, sorgt für einen ständigen Luftaustausch. Durch Kühlung der Frischluft im Sommer und Erwärmung im Winter entsteht ein ganzjährig angenehmes Raumklima. Die Be- und Entlüftungsanlage war es auch, die aus Sicht von Geschäftsführer Uwe Brockmann für einen der Herzschlagmomente beim Innenausbau sorgte: „Ein Großteil aller Anlagen wurde durch eine Fassadenöffnung im Obergeschoss eingebracht. Diese war exakt so geplant worden, dass die Be- und Entlüftungsanlage als größtes Bauteil hindurch passt. Ich hätte allerdings nicht gedacht, dass unsere Gebäudeplaner und das Team von Ottobock dermaßen millimetergenau rechnen. Da hätte kein Blatt Papier mehr zwischen Außenwand und Anlage gepasst.“

Alles aus einer Hand

Für Wartung und Pflege des modernen Maschinenparks setzt das Care Center Deutschland ebenfalls auf seinen Partner Ottobock. Im Rahmen eines Wartungsvertrages ist in regelmäßigen Abständen ein Serviceteam vor Ort, um zum Beispiel Verschleißmaterialien und Luftfilter auszutauschen. „Es war für mich von Beginn an wichtig und ausschlaggebendes Kriterium, dass alle Leistungen aus einer Hand stammen – von der Planung über die Umsetzung bis zur Wartung. Während des gesamten Projektes hatten wir unsere festen Ansprechpartner bei Ottobock und viele Details und Herausforderungen konnten vor allem dank der kurzen und unkomplizierten Kommunikationswege schnell gelöst werden“, zeigt sich Uwe Brockmann zufrieden.

Und was sagen nun die Mitarbeiter zu ihrem neuen Arbeitsumfeld? „Die Reaktionen an den ersten Arbeitstagen reichten von einem Lächeln bis zu einem lauten ,Wow‘! Es macht Freude, ohnehin schon motivierte Mitarbeiter in einer solchen Aufbruchstimmung zu sehen. Gemeinsam gehen wir jetzt an den Start, um auch in den kommenden Jahren ein gesundes unternehmerisches Wachstum zu realisieren. Ausreichend Platz haben wir dafür ja jetzt.“

Impressionen